Beim Kreuz in Gauderndorf


Beim Kreuz in Gauderndorf
Beim Kreuz in Gauderndorf

Frau Braunsteiner kann sich noch gut erinnern, dass in ihrer Familie immer wieder erzählt wurde, warum das Kreuz gerade an dieser Stelle steht. Es ist eine dieser unheimlichen Sagen oder Geschichten, die früher an den langen Winterabenden gerne erzählt wurden und das Volksgut lebendig erhalten haben.

 

Einem Bauer aus Gauderndorf war es auf dem Rückweg von der Mühle in Rosenburg schon dunkel geworden, er beeilte sich heimzukommen. Nach Hause war es Gott sei Dank nicht mehr weit, der Mann war beim Himmelreich schon in Richtung Gauderndorf abgebogen. Da wurde das Pferd auf einmal immer langsamer und begann zu schwitzen. Verwundert drehte sich der Mann um und sah einen Schatten hinten auf dem Wagen. „Do fährt jo einer mit“ wunderte er sich. Da es jedoch nichts Außergewöhnliches war, dass Wandergesellen auf einen Wagen hüpften und ein Stück mitfuhren, dachte der Bauer: „Sagst gar nichts, er wird schon wieder absteigen“. Als das Gefährt gerade von der Himmelreichstraße in Richtung Dorf abbiegen wollte, schwitze das Roß immer mehr und wollte nicht weiter. Da rief der Bauer nach hinten: „Steig ab, bist eh schon so lange mitgefahren!“ Der Bursche auf dem Wagen rührte sich nicht. Da wurde der Gauderndorfer ungeduldig und schlug mit der Peitsche zurück. Der Fremde sprang daraufhin vom Wagen und es hallte ein unheimliche Stimme durch die Nacht: „Hättest du mich mitfahren lassen, so wäre ich erlöst gewesen.“

 

Vielleicht hat der Bauer die Geschichte geträumt, nachdem er schon übermüdet eingenickt war, oder sie ist seiner Phantasie entsprungen, da ähnliche Sagen immer wieder erzählt worden sind. Er war sicherlich eine Zeit lang mit seiner Geschichte der Mittelpunkt winterlicher Stubenrunden.

 

Dieses „Ereignis“ so wurde es überliefert, war der Anlaß, dass gerade an dieser Stelle das Kreuz gesetzt wurde – seit damals ist es untrennbar mit der Landschaft verbunden.

 

Jedes Jahr im Frühling finden Flurumzüge zum Kreuz statt, um den Herrgott um Ernteschutz zu bitten, und zwar am Markustag, den 25. April (von jeher der Tag, an dem die Flugumzüge einsetzen) und während der Bitt-Tage im Mai.

 

Am „Schauerfeiertag“ (1 Woche vor Pfingsmontag) zieht man nocheinmal hinaus, um gegen Hagelschlag und anderes Unwetter zu bitten.

 

Die Wallfahrer aus dem Weinviertel und aus Südmähren, die früher von Stoitzendorf kommend über die Himmelreichstraße nach Maria Dreieichen zogen, machten beim Kreuz halt, knieten nieder u. verrichteten ein Gebet.

 

Elisabeth Daniel